Kreisgruppe Kiel

Bauwahn oder Zukunftsplanungen

Die Verwaltung der Stadt Kiel hat in 2016 einen zwei­­teiligen Wohnbauflächenatlas als Entwurf erstellt. Der  öffentliche Teil enthält v. a. städtische Flächen, der nicht-öffentlichen Teil v.a. private Flächen. Der öffentliche Teil wurde im Herbst relativ unbemerkt in den Ortsbeiräten vorgestellt, derzeit findet eine Überarbeitung unter teilweiser Einarbeitung der Ortsbeiratsvorschläge statt. Er enthält aktuell rund mögliche 9.500 Wohneinheiten.

Momentan wirkt der Entwurf wie aus Google Maps mit Kennzeichnung aller unbebauten und nicht als Grüngürtel, Landschaftsschutzgebiet, Wald oder Park eingezeichneten Flächen. Als Erstes vielleicht ein sinnvoller Ansatz, jedoch fehlt bisher der Schritt hin zu einer nachhaltigen Stadtplanung, die folgende Punkte berücksichtigt:

  • Ist Verkehrsinfrastruktur vorhanden / gut machbar?
  • Führt eine weitere Verdichtung zu Verkehrsüberlastung?
  • Ist genügend Freizeitfläche in der Nähe für die neuen Nachbarn und bieten vorhandene Grünflächen die Chance zu innerstädtischen Gemeinschaftsgrün?
  • Ist schon jetzt zu wenig Stadtgrün vorhanden, so dass ent- statt versiegelt werden müsste?
  • würden neue Baugebiete Frischluftschneisen und Grünachsen zerschneiden?
  • führt ein Zuzug von Familien zu einer notwendigen Verjüngung des Stadtteils?
  • gibt es eine bestehende, nicht ausgelastete Infrastruktur mit Schulen etc

Wenden wir diese Kriterien auf den bestehenden Entwurf an, so bleiben immer noch etliche Bauflächen erhalten:

  • die Entwicklung des MFG5 Geländes ist eine große Chance für die überalternden Stadtteile nördlich des Kanals
  • die Erweiterungen im Kieler Süden (Meimersdorf Mitte und Ost) sind ein vielleicht notwendiges Übel
  • die Bebauung bereits versiegelter Flächen wie Garagenhöfen und Stellplatzanlagen ist zeitgemäß im Gegensatz zur Bebauung von Grün in Innenhöfen
  • auch eine Baulückenschließung ist vielerorts akzeptabel und sinnvoll

Der Bauflächenatlas soll jährlich erneuert werden. Die aktuellen  Bevölkerungsprognosen (+20.000 in den nächsten 15 Jahren) fußen auf folgenden Annahmen: Der Tendenz in die Stadt zu ziehen aufgrund besserer Infrastruktur, dem Bildungszuzug aufgrund höherer Studierendenzahlen, doppelter Abiturjahrgang (2016!) und dem Migrationszuzug (Flüchtlinge und Migranten wohnen lieber in Städten). Nicht eingerechnet werden wohnungspolitische  Aktivitäten von Nachbargemeinden oder die Arbeitsmarktentwicklung. Zusätzlich führen neue Baugebiete zu Zuwanderung. Folgt man trotzdem den Prognosen, reichen die im Entwurf bereitgestellten Flächen nicht einmal aus. In den nächsten Schritten, die von vielen Politiker/innen und Investor/innen herbeigesehnt werden, müssten dann bisherige Tabus wie die Grüngürtel, fallen.

Wir sehen, dass im Bereich des Wohnungsbestandes Steuerung hin zu niedrigeren Mieten schwierig ist. Somit akzeptieren wir auch die Neuanlage von Wohngebieten. Wer jedoch hochpreisigen Wohnraum in der Stadt anbietet, zieht damit Investoren an und hilft nicht dem Wohnungsmarkt. Daher muss Neubau auf städtischen Grund nicht nur mit einer 30% Sozialwohnungsbauquote belegt sondern in ihrer Gesamtheit preislich gedeckelt werden. Hamburg hat einen Konzeptqualitätsmaßstab entwickelt, in den der Kaufpreis nur mit 30% eingeht, Werte wie Ökologie, Lebensqualität, Stadtteilentwicklung führen zu mehr Punkten. Dadurch können auch niedrigpreisigere Wohnungen kommerziell erstellt werden. Rendite können unverändert auf privaten Bauflächen erzielen werden. Die Forderungen der Kreisgruppe zum Bauen in der Stadt:

  • Die im Bauflächenatlas aufgeführten Flächen müssen einem stadtplanerischen Qualitätscheck unterworfen werden, der Kriterien beinhaltet wie Zukunftsfähigkeit in Bezug auf Nahinfrastruktur und Nahmobilität, Bodenschutz/Versieglung, Grünachsen- und Luftschneisenerhalt und Lebensqualität vor Ort
  • Städtische Flächen sollen nur nach Ermittlung der Konzeptqualität eines Bauprojektes verkauft werden. Der Verkaufspreis darf hier nur eine untergeordnete Rolle spielen. Gedeckelte Mietpreise (nicht Gleichzusetzen mit Sozialwohnungsbau) und ökologische Kriterien wie zukunftsgewandtes Bauen, gemischte Wohnformen, Förderung von Nahmobilität und Nahinfrastruktur müssen deutlich höher bewertet werden
  • Die aktive Förderung des Zuzuges darf aufgrund der vorhandenen Flächenknappheit und der Bevölkerungswachstumsprognosen nicht fortgeführt werden